Viele der Gäste bedankten sich, dass sie nun bewusster hinschauen werden und Neues sehen. Auch das positive Bild wurde immer wieder betont. Persönlich sprach ich leider mit wenigen Skeptikern. Spannend war die Frage eines großen Biolandbauern, der über 130 ha bewirtschaftet und mich fragte, ob er alles Land aufhörender, konventioneller Landwirte dazu pachten soll, damit Bio größer wird – oder ob er das den konventionellen Bauern überlassen soll. Eine spannende Frage, denn zum einen muss Bio wachsen – aber, ob nur ein Hof wachsen soll, oder viele Höfe überleben sollten, lässt sich sicherlich diskutieren. In der Vielfalt liegt die Stabilität des Ökosystems.
Angst bereitet die Vorstellung vom Verzicht. Niemand möchte verzichten. Die Angst davor, dass wir bescheiden werden müssen… und demütig, ist groß.
Thema Wohlstand/Ernährung: Ein Argument der Agrarindustrie ist ja schon lange, dass es diese großbäuerlichen Strukturen brauche, um alle „satt zu bekommen“. Was antworten Sie darauf? Ist es möglich, die Menschen tatsächlich satt zu bekommen, wenn kleinbäuerliche Strukturen vorherrschen?
Ja. Wir bekommen alle satt. Der Weltagrarbericht https://www.weltagrarbericht.de/ zeigt das wissenschaftlich und gut recherchiert. In Europa erfordert das aber Mut. Wir müssen uns überlegen, ob wir das Recht haben, weltweit Kleinbauern in den Ruin und den Selbstmord (Indien, https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2013/indien-bauern-baumwolle-100.html) zu treiben.
Da wir aber durch den Nullzins zu Aktien genötigt werden, glauben wir, Wirtschaftswachstum zu brauchen. Das erreichen die Wirtschaftsnationen nur durch Egoismus. Wir können nur Dividenden und Renditen erhalten, wenn anderswo Menschen verlieren und ausbluten. Daher versucht man, die Ernährung, ja sogar das Wasser, zu Geld zu machen. Ich war eben in Malawi. Das Durchschnittsalter ist 16,5. Wir müssen diesen Menschen, Souveränität und Würde lassen. Ernährungssouveränität, Saatgutsouveränität, Techniksouveränität, Methodensouveränität. Momentan versklaven wir alle schwächeren Länder durch unsere Exporte und den Gewinnegoismus. Es wird furchtbar werden, wenn die Menschen jenseits der Sahara 30 werden. Der Völkermord in Ruanda (1992) und die Flüchtlingswellen der letzten Jahre müssen uns zeigen, dass Kleinbauern der Welt Frieden stiften und nicht Abhängigkeiten von unseren Exporten.
Zur Arbeitskultur der Zukunft: Was verstehen Sie konkret darunter?
Die Digitalisierung ist die 4. industrielle Revolution. Die 5. industrielle Revolution wird die Personalisierung sein. Wir müssen den Mensch und die Maschine versöhnen und ein produktives Nebeneinander gestalten. Es gibt Arbeiten, die Roboter und Computer besser können. Gefühl, Glück, Empathie und Liebe bleiben die Kernkompetenzen des Menschen. Wo können wir die besser produktiv ausleben als in der Gemeinschaft auf dem Bauernhof? Anstatt frustrierte Pantoffelhelden mit bedingungslosem Grundeinkommen zu schaffen, die womöglich Revolutionsgedanken hegen, brauchen wir viele Teilzeitbeschäftigte, die in ihrer Freizeit nicht konsumieren, sondern sozial und ökologisch engagiert sind. Ein Bauernhof mit Zugtieren ist der ideale Ort für eine produktive Freizeit, die körperlich und seelisch fordert.
Das Symbol Grünes Kreuz. Das Kreuz steht für Sie für ein uneigennütziges Streben für andere, haben Sie noch eine ergänzende Erklärung dazu, warum Sie dieses Symbol nicht für passend halten?
Das Kreuz ist ein Symbol der Hoffnung und der Freude. Die Kernbotschaft ist der bedingungslose Verzicht auf Egoismus, das Aufopfern für andere und das Geschenk des ewigen Lebens. Die grünen Kreuze missverstehen das. Sie sind Symbole der Angst und wollen nicht den Aufbruch verkünden, sondern blockieren den Neubeginn und vertiefen den Graben. Es ist in der Geschichte schon oft tragisch geendet, wenn man Symbole missversteht und sie falsch verwendet. Ich hoffe auf den Dialog und die Rückbesinnung auf die frohe Botschaft der christlichen Werte. Ein anderes Symbol fände ich viel geeigneter, um miteinander zu reden: Ein grüner Tisch?
Also das Rad soll zwar nicht zurückgedreht werden, aber all das, was nützlich, sinnvoll und brauchbar zu sein scheint, ist aus der Vergangenheit, soll wiederbelebt und aufgegriffen werden? Kann man so sagen? Nur Altes ist gut?
Seit 1983 sammeln wir Bilder von Landschaften und bäuerlichen Situationen, denen wir eine Zukunftstauglichkeit zusprechen. Alle Motive sind zeitlos, ja Zeit neutral und rückstandslos. Im Buch sind es verstörend viele Bilder. Es ist eine Provokation, soviel Schönes und Gutes in einem Buch zu zeigen. Das schockiert. Eine Landschaft mit natürlichem Bach, Hecken und Teichen ist auch in Zukunft modern. Natur wird nicht unmodisch. Es gibt nichts Moderneres als ein Zugpferd. Jeder Traktor ist schon bei seiner Markteinführung veraltet – ein Pferd bleibt Dank Evolution immer up to date, es kann gar nicht anders. Es gibt nichts zeitloseres als eine Steinmauer oder eine Lehmwand. Es gibt nichts zeitloseres als eine Blumenwiese und ein Obstgarten. Leider ist unsere Landschaft ausgeräumt und leer. In unserer Landschaft bleibt kein Raum für Zeitlosigkeit, denn wir Menschen sehen uns beauftragt, ständig alles zu manipulieren, zu stören und zu zerstören. Daher sind unsere Bilder oft sehr emotional, denn Zeitlosigkeit erinnert uns an unsere Vergänglichkeit und das versuchen die Menschen zu leugnen, schade eigentlich, denn die Zeitlosigkeit der Natur ist ein Glücksbringer, den wir genießen und zulassen sollten.